
Heute will ich mal ein Thema ansprechen, welches wie ich finde in der Schreibwelt (oft aber nicht immer unverdient) schlecht wegkommt - Fanfiktions .
Es gibt hunderte, tausende oder sogar noch mehr. Ganz genauso viele nämlich wie es Fandoms gibt. Harry Potter, Der Herr der Ringe, der Hobbit, Supernatural, Eragon, die Tribute von Panem - um nur wenige zu nennen. Nicht zu sprechen von Fanfiktions, die sich um wahre existierende Personen drehen. Die Möglichkeiten über wen man schreiben kann sind endlos. Die Plattformen wo man Fanfiktions veröffentlichen kann natürlich auch. Ganz vorne mischen da vermutlich wattpad, fanfiktion.de , animexx mit. Nicht zu sprechen natürlich von den ganzen englischen Plattformen, aber die lasse ich jetzt erst einmal beiseite. Schließlich geht es nicht um eine Analyse der Seiten, auf denen man veröffentlichen kann, sondern um die Fanfiktions selbst.
Aber das ist auch ein so breites Thema, dass ich gar nicht genau weiß wo ich anfangen soll. Vielleicht am besten mit dem Alter. Wenn man sich einen Autor einer Fanfiktion vorstellt gerät einem meistens ein totales Klischee Bild in den Kopf. Vermutlich ein dreizehn bis sechzehn jährige, die so in irgendeinen Star (sei es nun Justin Bieber, oder One Direction oder jemand anderes) verschossen ist, dass sie beschließt: Ich schreibe eine Fanfiktion und mich am besten hinein, so dass ich wenigstens so in der Illusion leben kann mit ihm zusammen sein zu können. Warum auch nicht? Es ist schließlich kein Verbrechen.
Das nächste Klischee, das kurz darauf folgt: Die Rechtschreibung. Oder vielleicht sollte man lieber FALSCHschreibung sagen. Denn ja, dieses Klischee entspricht tatsächlich sehr oft den Tatsachen, tatsächlich (meinem Gefühl nach) noch mehr als das Alter.
Und ich glaube, genau das ist das Problem.
Es gibt Fanfiktions, die triefen so sehr voller Fehler, da würde es einem weniger Schmerzen bereiten gegen eine Mauer aus Stein zu rennen als die Fanfiktion zu lesen. In letzterem kann es einem passieren, dass man quasi vor Fremdscham im Boden versinkt. Rechtschreibung? Nie gehört. Punkt oder Komma? Keine Ahnung was das ist. Kennzeichnung von wörtlicher Rede? Absolut kein Plan. Ganz beliebt am Schluss, der Geschichte (oder zum entsetzen des Lesers, wenn der nicht nach dem ersten Absatz reißaus genommen hat) der Autorenkommentar: Das ist meine erste Fanfiktion, bitte seid nicht so streng.
Bei sowas kann ich ehrlich nur den Kopf schütteln. Denn, wenn man etwas beschließt zu veröffentlichen muss man natürlich damit rechnen, dass man Rückmeldungen bekommt. Das trifft für alles zu. Nicht nur für geschriebenes, sondern auch für Musik und mehr. Eben alles was man in die Öffentlichkeit entlässt.
Keiner mag schlechte oder gemeine Kommentare, das ist klar. Aber bei einigen AutorInnen von Fanfiktion wird selbst konstruktive Kritik als Angriff gewertet. Und das ist schade. Denn wenn man all diese ablehnt, wie soll man sich da verbessern? Vor allem dann, wenn die Protagonistin eine Mary Sue ist.
Was zum Henker ist eine Mary Sue?
Eine Mary Sue ist die PERFEKTE Protagonistin. Sie macht nie Fehler. Sieht wunderschön. Sagt immer das richtige. Tut immer das richtige. Ist die perfekte Freundin. Ist so talentiert (und das in wirklich allem!), dass ihr alles auf Anhieb gelingt. Steine, die ihr in den Weg gelegt werden sind ihr fremd. Denn auf ihrem Weg liegen noch nicht einmal Kieselsteine. Und bevor ich es vergesse: Sie bekommt am Ende natürlich genau den Typen, den sie haben will (und manchmal sogar seinen besten gratis Freund dazu). Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage mit einer genauso harmonischen Familie.
Wenn man bedenkt, was so eine Mary Sue für ein Leben hat, bin ich für meine eigenen Charaktere sicher so etwas wie die spanische Inquisition.
Denn was ich immer wieder feststelle ist, dass Leser es mögen wenn man mit dem/der ProtagonistIn mitfiebert. Wenn mal etwas schief geht, und man sich fragt wie es jetzt wohl weitergeht. Sonst ist es halt einfach langweilig. Abgesehen davon: Wessen Leben kann in der Realität schon so perfekt sein, wie das einer Mary Sue? Und ich glaube auch nicht, dass das Leben jener AutorInnen so perfekt ist. Aber da ist sie wieder diese Illusion, die erschaffen wird.
Fanfiktions haben auch gute Geschichten.
Man kann es kaum glauben, aber es gibt unter den Fanfiktions tatsächlich auch Perlen, die eben nicht mit Mary Sue's bevölkert sind und/oder vor Rechtschreibfehlern nur so triefen. Bei denen AutorInnen tatsächlich auf Feedback warten, und sich nicht davon angegriffen fühlen wenn jemand sagt: "Das kannst du noch besser machen wenn ..."
Teilweise habe ich auch schon Fanfiktions gelesen (in allen möglichen Fandoms), die ich nicht gezögert hätte auch als Buch zu kaufen, wenn es eine "richtige" Geschichte wäre. Fanfiktions wo man sich als Leser gequält fühlt, nicht weil die Story schlecht fühlt sondern weil der/die ProtagonistIn nicht nur Steine sondern ganze FELSEN zu bewältigen hat. Und immer wenn man denkt, jetzt geht's aufwärts - passiert gleich das nächste Unglück.
Das schlimmste an allem: Der Autor updatet nur alle paar Wochen, Monate oder Jahre! Da wird die Geduld von einem ganz schön auf die Zerreissprobe gestellt. Dann ist es endlich da das Update! Und schon wird dem Autor verziehen, denn es geht immer noch spannend und actionreich weiter.
So sollten Geschichten sein!
Fanfiktions sind eine gute Übung, wenn man Autor sein/werden will.
Ich muss mich an dieser Stelle outen: Ich habe auch Fanfiktions geschrieben. Es ist etwas tolles, was einem gut weiterhelfen kann seinen eigenen Stil zu verbessern und zu finden. Wenn man dann eben erst in einem anderen Fandom schreibt, weil man sich da sicherer fühlt als direkt eine ganz eigene Welt zu erfinden ist das in Ordnung. Es ist nichts verwerfliches erst einmal im Nichtschwimmerbecken schwimmen zu lernen, anstatt das man gleich vom zehn Meter Turm springt.
Meine erste Fanfiktion ist schon fast zwei Jahrzehnte alt und aus dem Fandom Inuyasha. Ich habe den Anime damals geliebt und mag ihn heute noch recht gerne. Nicht, dass ich dort erneut eine Fanfiktion schreiben würde. Aber: Ich habe damals noch überwiegend Fantasy geschrieben (was ja heute nicht mehr der Fall ist) und dann eine Geschichte über einen Hunde Yokai (Dämon) zu schreiben und vor allem die Rückmeldungen dazu haben mich definitiv weitergebracht.
Seit damals hat sich mein Schreibstil sicher hundertmal verändert auch aufgrund meiner Erfahrungen, die ich bis heute gemacht habe. Was ich gelesen habe, was ich erlebt habe. Das alles findet sich zusammen und sorgt dafür, wie ich heute schreibe.
Aber manchmal wenn weder ich oder meine Muse wissen, wie ich an einem meiner "richtigen" Geschichten weitermachen kann, schreibe ich ein oder zwei Kapitel - einfach so nebenher. So als Starthilfe um mich von dem Problem ablenken kann. Danach komme ich (so seltsam es klingen mag) auch oft wieder in mein eigentliches Schreibprojekt rein. Es ist wie bei einem Auto, dem man die Reifen wechseln muss. Sind erst die richtigen Reifen wieder auf den Felgen, klappt es auch mit dem weiterfahren. Ganz einfach.
Also würde ich mir wünschen, dass die Leute eben nicht mehr die Augen verdrehen, wenn man erzählt, dass man Fanfiktion schreibt. Denn es kann ein Start sein, zu etwas ganz großartigem. Übung macht eben den Meister.
Und wenn der/die AutorIn dann doch lieber in ihrem/seinem Fandom bleiben möchte, weil es dort sicherer ist aber dafür dann mit wunderbar spannenden Geschichten bereichert ist das auch in Ordnung. Jeder soll das schreiben dürfen was einem Spaß macht. Und vielleicht schaffen es ja doch auch die Mary Sues irgendwann nicht mehr ganz perfekt zu sein.
Eine wunderschöne Woche euch allen,
eure
Eliza

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Miss Katherine White (Mittwoch, 30 September 2020 14:25)
Ich hasse es, wenn gute Geschichten zu Ende gehen. Aber echte Fans haben dann ihre eigenen Geschichten und es geht immer weiter.
Mit freundlichen Grüßen
Miss Katherine White
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